Pressemitteilung vom 20. Dezember 2006

Grüne fordern: Fair Trade in Landesbehörden

Keine Vergabe von Aufträgen für Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit

Die Grünen im Landtag wollen für die Zukunft sicherstellen, dass das Land bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nur Produkte berücksichtigt, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden. Nach Schätzungen der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) mussten 2004 weltweit fast 200 Millionen Jungen und Mädchen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen - unter oft schwierigsten Bedingungen. Die ILO-Konvention Nr. 182 fordert deshalb, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit abzuschaffen. Deutschland hat diese Konvention ratifiziert. "Auch Baden-Württemberg ist gefordert, hier Unterstützung zu leisten. Einige Städte und Gemeinden tun dies bereits in vorbildlicher Weise", konstatiert die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion Dr. Gisela Splett.

Die Landesregierung hält zusätzliche Regelungen zum Ausschluss von Produkten, die mit ausbeuterischer Kinderarbeit erzeugt wurden, für diskriminierend und ungerechtfertigt, da sie Handelshemmnisse schaffen würden. Dies geht aus der Antwort auf einen Antrag der Grünen Abgeordneten hervor (Drucksache 14/508).

Weiter argumentiert die Landesregierung, dass die Umsetzung der ILO-Konvention vorrangig mit anderen Instrumenten als dem Vergaberecht erfolgen müsse. Eine Forderung nach Bekämpfung von Kinderarbeit im Ausland durch den Auftraggeber Land würde von den Vergabestellen verlangen, Aufgaben der zuständigen Behörden im jeweiligen Herkunftsland der Ware zu übernehmen. Entsprechende Regelungen würden zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen, die Wirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe beeinträchtigen und ihre Transparenz erschweren. Zudem sei es für die öffentlichen Beschaffungsstellen schwierig, die Umstände der Produktherkunft befriedigend nachzuvollziehen.

"Während bundesweit über 50 Städte Ausschreibungskriterien gegen ausbeuterische Kinderarbeit anwenden, stellt sich die Landesregierung auf den Standpunkt, dass derartige Regelungen überhaupt nicht möglich wären. Und das in dem Bewusstsein, dass das Land sehr wohl Produkte bezieht, bei denen ausbeuterische Kinderarbeit im Spiel sein könnte, wie beispielsweise handbearbeitete Natursteine aus China für den Neubau der Medizinischen Klinik in Heidelberg oder aus Indien für den Schlossplatz in Karlsruhe", wirft Splett der Landesregierung vor.

Die Grünen sehen das Land in der Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen: "Wenn man stolz ist auf die Fair-Handelsmesse, die im Oktober zum zweiten Mal in Stuttgart stattfand, und wenn man die privaten VerbraucherInnen für faires Konsumverhalten sensibilisieren will, dann kann es doch nicht sein, dass die Behörden des Landes beim Einkauf eben dieses faire Konsumverhalten vermissen lassen", führt Splett aus.

Das Land solle sich klar gegen ausbeuterische Kinderarbeit positionieren und dies auch mit entsprechenden Ausschreibungskriterien deutlich machen: "Damit würde den Unternehmen signalisiert, dass die öffentliche Hand Produkte ohne ausbeuterische Kinderarbeit wünscht", so Splett. Darüber hinaus würden sie aufgefordert, sich mit der Thematik zu befassen und die Frage nach den Produktionsbedingungen an ihre Zulieferer weiterzugeben.

"Die Behauptung der Landesregierung, dass bei der Erteilung staatlicher Aufträge die Möglichkeit zur Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien begrenzt sei und sich Arbeitsbedingungen weder unmittelbar in den Produkten niederschlagen noch die Eignung des Lieferanten beeinflussen, halte ich für geradezu zynisch. Wer nur die Wirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe im Blick hat, kauft nach dem Prinzip "Geiz ist geil" und hat ein massives Glaubwürdigkeitsproblem, wenn er gleichzeitig private Konsumentinnen und Konsumenten zum Fairen Einkauf auffordert!", resümiert Splett.